Am Wochenende werden sich Zehntausende Menschen in Berlin versammeln und eine solidarischere Republik einfordern - unter dem Motto: #unteilbar.
Und die Forderung ist nur zu verständlich. In den vergangenen 20 Jahren ist die Republik zwar deutlich reicher geworden, aber dieser Reichtum hat sich nicht gleichmäßig verteilt. Die, die immer schon arm waren, aber auch Rentner, haben weniger abbekommen. Viele haben heute nicht mehr zum Leben als vor 20 Jahren, wenn man die Inflation berücksichtigt.
Und manche Chance auf ein bisschen mehr Geld kennen die Benachteiligten oft gar nicht. Sie wissen zum Beispiel nicht, dass die Rentenversicherung pflegenden Familienangehörigen unter die Arme greift. Was selbst die Benachteiligten aber mitbekommen: Mehr als 180 Milliardäre wurden im vergangenen Jahr in Deutschland gezählt - mit 900 Milliarden Euro Vermögen.
Besonders bedrückend ist die steigende Altersarmut und das Gefühl vieler Noch-Nicht-Senioren, davon bedroht zu sein. Hier gibt es noch viel für die Politik zu tun.
Denn der Eindruck, dass die Rente keine einfache Zeit wird, ist nicht falsch. Bei der Generation, die in den kommenden Jahren in den Ruhestand geht, sind nicht nur die ehemals kleinen Selbstständigen und die teilzeitarbeitenden Ehefrauen besonders von Armut bedroht, sondern zunehmend auch klassische Erwerbstätige. Ihnen fehlen die kontinuierlichen Erwerbsbiografien der Fünfziger- bis Achtzigerjahre. Stattdessen waren sie in der Zeit nach der Wende länger arbeitslos, arbeiteten jahrelang nur in Teilzeit oder ergatterten einen Job, der ihnen gerade den Mindestlohn zahlte. Diese Gruppe wird wegen der geringen Ansprüche an die gesetzliche Rente zu armen Rentnern werden.
Die regionale Einkommensungleichheit verschärft diese Bedrohung noch. In Städten wie Gelsenkirchen oder Duisburg, in Landkreisen wie Greifswald-Vorpommern oder in der Uckermark ist das verfügbare Einkommen pro Person heute nur halb so hoch wie in Starnberg bei München. Entsprechend werden sich später die Renten entwickeln.
Demonstrieren und wählen sind sicher die großen Hebel zur Veränderung, die hoffentlich helfen, diese Ungleichgewichte anzugehen. Aber das dauert.
Betroffene sollten auch die Möglichkeit nutzen, sich jenseits unsicherer Wahlaussichten selbst ein Stück weit aus dem Sumpf zu ziehen. Bei diesen Selbsthilfe-Anläufen braucht es allerdings einen genauen Blick auf die Details. Folgende drei Ideen sind besonders interessant:
Erstens: Rente aus der Pflegeversicherung
Eine viel zu wenig erschlossene Geldquelle ist die Zusatzrente, die man erhält, wenn man selbst Angehörige oder Freunde gepflegt hat. Zwei Millionen Pflegebedürftige werden zu Hause betreut, vor allem von Familienangehörigen, heißt es im aktuellen Pflegebericht der Bundesregierung. 90 Prozent der Betreuerinnen sind Frauen. Die meisten, ob angestellt oder arbeitslos, auch Hartz-Empfänger oder Altersrentner, könnten tatsächlich durch Pflege ihre Rente aufbessern. Aktuell tun das aber nur rund 400.000 Pflegerinnen und Pfleger. Die Mehrzahl weiß von dieser Möglichkeit nichts oder stellt den entsprechenden Antrag nicht.
Für das Rentenplus als Pflegerin oder Pfleger gibt es vier Bedingungen:
Der Pflegefall muss Pflegegrad 2 oder höher haben.
Der Angehörige oder Freund muss an mindestens zwei Tagen in der Woche helfen,dabei insgesamt länger als 10 Stunden arbeiten,und das für mindestens zwei Monate im Jahr.
Dann zahlt die Pflegekasse. Je mehr Pflege, desto mehr Rente. Bei Pflegegrad 5 sind für die Pflegeperson wegen der zusätzlichen Rentenbeiträge schon nach einem Jahr bis zu 30 Euro zusätzliche Rente im Monat drin. Jedes weitere Jahr bringt den gleichen Erfolg.
Noch unbekannter: Seit Anfang 2017 können sogar pflegende Angehörige, die selbst schon in Rente sind, ihr eigenes Alterseinkommen so aufbessern.
Das ist eine riesige Gruppe. Rund ein Drittel der pflegenden Familienangehörigen sind nach dem aktuellen Pflegebericht Ehepartner - viele hunderttausend Menschen. Und diese pflegenden Ehepartner sind im Schnitt 72 Jahre alt. Auf sie zielt die Neuregelung mit einem besonderen Trick: Die Pflegeperson muss sich nur während der Pflegezeit statt als Vollrentner als 99 Prozent Teilrentner einstufen lassen und dafür so lange auf ein Prozent der gesetzlichen Rente verzichten. Hat der oder die Pflegende eine Rente von 800 Euro, verzichtet er oder sie also auf 8 Euro und bekommt nach einem Jahr 30 Euro monatlich extra. Die 99 Prozent Regelung mit der einprozentigen Kürzung kann man zum Ende einer Pflegezeit jederzeit zurückdrehen. Die Zusatzrente bleibt.
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